Die Geschichte und die heutige Form des Kendo
Zuerst die Kurzfassung:
Kendo [jap. : Der Weg des Schwertes], ursprünglich bei den Samurai üblicher japanischer Schwertkampf, die ihre Waffe mit beiden Händen führten. Beim sportlichen Wettkampf wird heute ein aus 4 elastischen, etwa 1,20m langen Bambuslatten zusammengebundenes Schwert (Shinai) verwendet. Die über dem Hakama und Gi (Hosenrock und Baumwolljacke) getragene Rüstung (Bogu bzw. Kendogu) schützt Kopf und Hals, Brust, Unterleib und Handgelenke, da nur die auf diese Körperteile zugelassenen Hiebe voll ausgeführt werden. Kendo wird seit 1967 auch in Deutschland betrieben.”
Entnommen aus Meyers großes Taschenlexikon; 3. Aktualisierte Ausgabe, 1990.
Aber war das denn schon alles ?
Wie im Lexikonausschnitt zu sehen, kommt das Wort “Kendo” aus dem Japanischen und bedeutet “Weg des Schwertes”.
“Weg” bedeutete ursprünglich einfach Lebensweg. Genauer gesagt bedeutete dies, daß man sein tägliches Auskommen durch die Handhabung eines Schwertes erwarb, also der Kriegerkaste (Samurai) angehörte. Denn den Samurai allein war das Tragen eines Schwertes gestattet.
Die buddhistische Interpretation des “Weges” als Weg zur Erleuchtung, oder Weg zur eigenen Vervollkommnung, kam erst später hinzu.
“Schwert” ist gleichbedeutend mit Katana, der leicht gekrümmten, nur auf der körperabgewandten Seite scharfen japanischen Klinge. Diese alten, einzigartigen Klingen gelten als bisher nicht wieder erreichter Höhepunkt der Schmiedekunst, denn das Katana war extrem scharf. Um zum Beispiel einen Gegner von oben bis unten zu zerteilen, war kaum Körperkraft des Samurai zum Schneiden nötig, sondern bloß noch die Führung der Klinge und das Halten der Schnittlinie.
Die Ursprünge des Kendo reichen bis vor das 9. Jahrhundert zurück. Alte japanische Mythen und Kriegsberichte überliefern uns ein Bild dieser Urform des Kendo, das zu jener Zeit bloß eine Ansammlung von Schwertkampftechniken ohne jeden geistigen Anteil war. Die damaligen Streitigkeiten wurden mit einer geraden und beidseitig geschärften Vorform des Katana ausgefochten. Gekämpft wurde mit dieser Waffe im europäischen Stil, also vor allem gestoßen, gestochen und geschlagen.
Der direkte Vorläufer des Kendo, das “Kenjutsu”, übersetzt ins deutsche “Die Kunst des Schwertes”, entstand gegen Ende des 15. Jahrhunderts, als die Vielzahl der verschiedenen Kampfstile vereinheitlicht wurden. Parallel dazu entwickelte sich das “Iai-Jutsu”, eine ergänzende Disziplin, die die Technik des blitzschnellen Ziehens des Schwertes mit unmittelbar folgendem Schlag pflegte. Heute nennt man diese Disziplin “Iaido”. In dieser Zeit wurden auch die ersten Schulen gegründet.
In den Schulen wurden die “Kata”, die grundlegenden Übungsformen entwickelt. Diese “Kata” sind eine Folge von streng festgelegten, einen Kampf simulierenden Bewegungsabläufen. Diese Formen wurden – und werden heute noch – mit dem “Katana” oder dem “Bokuto”, einem Holzschwert, ausgeführt.
Zur Schule gehörte auch das “Dojo”, die “Übungshalle” oder wörtlich übersetzt der “Ort des Weges”, das notwendig geworden war, um die Techniken einer Schule vor fremden Augen zu schützen.
Neben den schriftlich aufgezeichneten Lehrinhalten einer Schule entwickelte sich in dieser Zeit auch die Tradition der “Kuden”, oder mündlichen Überlieferung, die die tieferen Lehren einer Schule beinhaltete und nur mündlich vom Lehrer an den Schüler weitergegeben wurden. Diese Tradition wird in einigen Schulen, bis zum heutigen Tage ungebrochen, fortgeführt.
Im 17. Jahrhundert wurde Kendo ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung der “Samurai” oder “Bushi”, den berühmten japanischen Rittern.
Zu jener Zeit verschmolz Kendo mit dem Begriff des “Bushido”, was übersetzt “Weg des Kriegers” bedeutet. “Bushido” verlangte erstmals neben der reinen Technik auch die Ausbildung einer geistigen Kraft. Die Verschmelzung mit den Lehren des Buddhismus und Konfuzianismus bedeuteten nun für die Erziehung der Samurai, auch Ziele wie Menschenliebe, Gerechtigkeit, Höflichkeit, Klugheit und Loyalität anzustreben.
Das moderne Kendo
Das heutige Kendo wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelt. Das praktische Training bestand nun nicht mehr aus dem alleinigen Erlernen der auf Effektivität ausgelegten Kata-Formen, sondern wurde zusätzlich sportlichen Regeln unterstellt, wie zum Beispiel die Begrenzung der erlaubten Trefferflächen auf Kopf, Kehle, Brust und Unterarme.
Eine spezielle “Kendo-Rüstung”, eine abgespeckte Version der Samurai-Rüstung, wurde entwickelt. Man kämpfte auch nicht mehr wie die alten Samurai mit scharfen Schwertern um sein Leben, sondern führte in Training und Wettkampf ein elastisches Fechtschwert aus vier Bambuslamellen, die mit Lederteilen verbunden sind. Dadurch ist Kendo, obwohl ein Vollkontakt-Kampfsport, eine der Sportarten mit dem geringsten Verletzungsrisiko.
1911 wurde Kendo in Japan erstmals als offizieller Schulsport für alle Gymnasien eingeführt und legte damit den Grundstein für das moderne Kendo.
1912 wurde vom japanischen Budo-Bund die Anzahl der bis dahin gültigen Kata-Formen reduziert und vereinheitlicht auf die heute üblichen 10 Grundformen, die Nihon-Kendo-Kata. So modernisiert konnte es als Nationalsport allgemeine Verbreitung finden.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde Kendo von den Alliierten verboten.
Mit dem im Jahre 1951 abgeschlossenen Friedensvertrag und der Wiedergewinnung der Unabhängigkeit fiel dieses Verbot.
Im Oktober 1952 bildete man in Japan einen neuen Kendo-Bund, die “All Japan Kendo Federation”. Zunächst jedoch wurde der Kendo-Sport noch sehr zurückhaltent gefördert und war erst Anfang der sechziger Jahre wieder Budo-Pflichtfach an den Schulen.
In Japan ist Kendo heute Bestandteil der Ausbildung bei Militär und Polizei und so populär, das auch Kinder und Frauen Kendo erlernen. Auch außerhalb Japans praktizieren hunderttausende Aktive Kendo in zahlreichen Ländern, wie zum Beispiel in Kanada, Brasilien, England, Frankreich, Korea und den Vereinigten Staaten von Amerika. Diese große Verbreitung und Internationalisierung fand unter anderem ihren Ausdruck in den alle drei Jahren stattfindenden Weltmeisterschaften, die von der “IKF, der International Kendo Federation”, die 1970 gegründet wurde, organisiert werden.
Auch in der Bundesrepublik setzt sich der Kendo-Sport allmählich durch; einige Kämpfer konnten durch ihre Leistungen bei Deutschen Meisterschaften sowie Europa- und Weltmeisterschaften überzeugen.